Blick für den, "der in Not vor uns liegt"
Erzbischof Dr. Ludwig Schick übergab Spenden seiner Stiftung "Kinderreich"
Bei der Adventsaktion der Farnilienstiftung "Kinderreich" übergab Erzbischof Dr. Ludwig Schick einen symbolischen Scheck über 29 000 Euro an Vertreter der Organisationen, die durch Spenden seiner Stiftung unterstützt wurden. Beim Erfahrungsaustausch berichteten diese Vertreter, dass das größte Problem der kinderreichen Familien die Wohnungssuche, das Bezahlen der Miete und die Ausstattungen der Wohnungen sei. Gelder hatten vor allem für Einzelfälle Caritasverbände und der Sozialdienst katholischer Frauen erhalten.
Es sei ein frohes Ereignis, dass seine Stiftung wieder Geld ausgeben kann - auch wenn die Anlässe dafür natürlich nicht froh seien, erklärte Schick. Sein Anspruch an die Stiftung sei, das sie kinderreichen Familien hilft und besonders Hilfe zur Selbsthilfe ermöglicht. Der barmherzige Samariter der Bibel sei dafür ein wichtiges Beispiel. Man solle immer das beachten, "was uns an Not gerade entgegenkommt".
Man solle sich nicht durch Theorien und Ideologien den Blick für den, "der in Not vor uns liegt", versperren. Die Zahl der Hilfs-Anträge an die Stiftung werde immer größer. Er dankte daher den vielen Einzelpersonen und Institutionen, die im Verlauf des Jahres gespendet haben. Er dankte aber auch denen, die Arbeit vor Ort machen, die Anträge für die, die sie betreuen, stellen. Alle diese Anträge sehe er zusammen mit Wolfgang Eichler, Verwalter der Familienstiftung, durch. Es erschrecke ihn dabei immer, dass solche Nöte hier in unserem reichen Land vorhanden sind. Er habe gerade in Nürnberg an der ökumenischen Aktion "Weihnachten weltweit" teilgenommen, berichtete der Erzbischof weiter. Weihnachten sei in fast allen Ländern - auch in den musIimischen - ein Festtag. Es sei schön, dass dieses Fest, das Frieden bringen soll, von allen Menschen anerkannt werde. Da sei Weihnachten wahr. Aber Weihnachten sei leider auch nicht wahr, da es viele nicht feiern können - wegen Krieg, Flucht, Menschenhandel, Sklaverei. von Kindern und Erwachsenen und ein Leben auf der Straße.
Weihnachten solle für möglichst viele Menschen wahr und real werden. Dafür müssten wir auch hier im Erzbistum sorgen. Weihnachten sei immer auch Protest gegen ein menschenunwürdiges Leben. Auch durch die Stiftung Kinderreich solle überall Weihnachten wahr werden.
Peter Ehmann, Geschäftsführer des Caritasverbandes Bamberg und Forchheim, in dessen Räumen in Bamberg das Treffen stattfand, erklärte,. kinderreiche Familien hätten immer zu kämpfen, da in der Regel das Einkommen gering sei, aber die Lebenshaltungskosten durch die vielen Kinder groß seien. Eine große Kinderzahl sei in Deutschland der größte Grund für Armut.
Groß sei auch das Wohnungsproblem. So gebe es in Bamberg kein Wohnraum für kinderreiche Familien. Als sich danach die einzelnen Institutionen, die Hilfe durch die Stiftung für ihr Klientel erhielten, vorstellten und über ihre Antragsfälle berichteten, stellte sich die Wohnungssuche auch als gravierendes Problem heraus. Und wenn es eine Wohnung gibt, ist die oft in katastrophalem Zustand.
Es wurde von dauernd defekten Toiletten sowie dickem Schimmel in den Räumen. berichtet. Ein Vertreterin erklärte, dass eine kinderreiche Familie in einer Wohnung mit dem blanken Beton als Zimmerboden lebe. Auch die Einrichtung sei problematisch. Bei großen Familien gebte es entsprechend viel Wäsche zu waschen - die Waschmaschinen seien aber in der Regel nicht dafür ausgelegt und gingen schnell kaputt, so dass neue nötig werden. Auch funktionierende Kühlschränke seien für die Familien wichtig - genauso wie Gefrierschränke, damit man günstige Großeinkäufe für die Familien ermöglichen könne.
Ein besonders krasser Fall war die Forderung eines Ausländeramtes an eine kinderreiche Mutter mit Migrationshintergrund und Arbeitserlaubnis hier, dass diese eine Familienkaution von 9000 Euro hinterlegen soll. Wenn sie diese Kaution nicht umgehend aufbringen kann, werde sie ausgewiesen.
Wolfgang Eichler bedankte sich besonders bei den vielen Ehrenamtlichen, die sich für die kinderreichen Familien einsetzen. Er bedauerte, dass die Zahl der Hilfesuchenden steige, aber die Zahl der "Hilfesysteme" vermindert werde.
Diözesancaritasdirektor Gerhard Öhlein dankte auch den ehrenamtlichen Helfern. Bundesweit habe die Caritas 650 000 dieser ehrenamtlichen Helfer. Das sei ein "großes Plus" der Caritas. Er betonte auch, dass die Tafeln, Sozialläden und ähnliche Einrichtungen für die kinderreichen Familien nicht zur Dauereinrichtting werden sollen. Daher müsse Hilfe zur Selbsthilfe ermöglicht werden, damit die Familien sich langfristig von diesen Angeboten lösen können. Öhlein dankte auch Erzbischof Schick für seinen Einsatz speziell durch seine Stiftung. Er betonte, dass auch in diesen Hilfeangeboten - wie auch im Pflegewesen allgemein - die Bürokratie nicht überhand nehmen dürfe.
Schick schloss das Adventsaktionstreffen mit den Worten "Liebe macht erfinderisch - gerade in der Adventszeit". Liebe, die die Helfer aufbringen, brauche aber auch "Brennmaterial" Ruhezeit, Zeit mit Gott, frohe Feiertage. Dieses Brennmaterial wünsche er' den vielen Hauptamtlichen und ehrenamtlichen Helfern.
Danach übergab er symbolisch einen Scheck über 29 000 Euro, die die Stiftung dieses Jahr an Zuwendungen ausgab - rund 26 000 Euro für Einzelfallhilfen und rund 3 000 Euro für zwei Projekte (Cariboutique Bamberg und Caritas-NetzwerkFamilienhilfe & Familienpflege Coburg). Zusätzlich hat die Stiftung fünf CaritasEinrichtungen für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge in der Region rriit insgesamt 10 000 Euro unterstützt; Informationen über die Stiftung gibt es unter www.familienstiftung-kinderreich.kirche-bamberg.de . Spenden kann man auf das Konto
Nr. 9 047 255 bei der LigaBank (BLZ 750 903 00)
IBAN: DE41 7509 0300 0009 0472 55 - BIC: GENODEF1M05
unter dem Stichwort "Familienstiftung Kinderreich" einzahlen.
Andreas Kirchhof