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Familien wieder eine Perspektive geben

Landwirtschaftliche Familienberatung Logo
Datum:
Veröffentlicht: 18.7.18
Von:
EOB Ehe und Familie

Bericht im Heinrichsblatt Nr. 29

Seit 25 Jahren ist die Landwirtschaftliche Familienberatung im Erzbistum Bamberg aktiv

Haben wir mit unserem Hof noch eine Chance zu überleben? Oder sind wir Versager, wenn wir den Hof aufgeben müssen?" "Wie finden wir einen Weg, auch außerhalb der Tradition, das Leben auf dem Hof für Alt und Jung zufriedenstellend zu gestalten?" "Wie finde ich als eingeheiratete Frau meinen Platz auf dem Hof?" Diese und andere Fragen gehören zum Alltag in landwirtschaftlichen Betrieben und sorgen für Probleme. Oftmals sehen die Familien keinen Ausweg mehr. Dann ist die Landwirtschaftliche Familienberatung gefragt, die seit inzwischen 25 Jahren im Erzbistum Bamberg aktiv ist. Dieses Jubiläum wurde mit einem Gottesdienst und einem Festakt auf Burg Feuerstein gefeiert.

Fritz Kroder, ein Mann der ersten Stunde, erinnert sich noch gut an den Beginn der Landwirtschaftlichen Familienberatung. Der damalige Seelsorgeamtsleiter Dr. Valentin Döring habe der Idee einer Familienberatung positiv gegenüber gestanden, so Kroder im Gespräch mit dem Heinrichsblatt. "Wenn wir 13 Ehrenamtliche finden, die als Berater mitarbeiten, dann sagte er uns ein Projekt für fünf Jahre zu". Und es fanden sich 13 Frauen und Männer, die eine Ausbildung absolvierten. Vier von ihnen sind heute noch dabei und wurden bei der Feierstunde geehrt.

Dr. Döring hielt sich an seine Zusage, und am 1. Mai 1993 wurde Fritz Kroder als hauptamtlicher Leiter der Familienberatung eingestellt und ist noch heute im Amt. Heute arbeiten in der Landwirtschaftlichen Farnilienberatung 15 ehrenamtliche Mitarbeiter, eine Vollzeitkraft und eine Sekretärin. Sitz der Geschäftsstelle ist in Ebermannstadt, das Einsatzgebiet umfasst das gesamte Erzbistum Bamberg.

Für viele Höfe sind es keine leichten Zeiten, wie Fritz Kroder zu berichten weiß. Viele landwirtschaftliche Betriebe stehen angesichts des Strukturwandels und der gesellschaftlichen Diskussion und Anforderungen in einer besonders schwierigen Situation. Der wirtschaftliche und bürokratische Druck auf die Bauernfamilien wird immer stärker und belastet. "Der Hof steht oft über den Menschen, die sich unterordnen müssen. Eine Hofaufgabe ist dann wie ein seelisches Sterben, es entstehen Schuldgefühle", so Kroder.

Die schwierige wirtschaftliche Situation spiegelt sich in der schlechten Einkommenslage wider. Kleine und mittlere bäuerliche Familienbetriebe können mit der Entwicklung der Einkommen nicht mehr Schritt halten. Das verfügbare Einkommen dieser Betriebe liegt in den letzten Jahren weit unter dem gewerblichen Vergleichseinkommen.

Ein weiteres und durchaus schwerwiegendes Problem ist die familiäre Situation. Über die Hälfte der Beratungsgespräche drehten sich um diesen Themenkreis. Aufgrund der für den landwirtschaftlichen Familienbetrieb typischen engen Verknüpfung von Betrieb und Familie wirken sich im Regelfall wirtschaftiche Probleme im Betrieb belastend auf die Familiensituation aus. Umgekehrt können familiäre Probleme eine Ursache für wirtschaftliche Schwierigkeiten im Betrieb sein.

Als eine "kritische Phase" für das System "Betrieb/Familie" bezeichnet Fritz Kroder die Heirat oder die Übergabe des Hofes. "In diesen Situationen löst sich der Familienverbund im alten Sinn langsam auf", erklärt Kroder.

Wegen verschiedener Wertevorstellungen von Jung und Alt kommt es zu Generationenkonflikten, Schuldgefühle werden erzeugt, "die Jungen sitzen zwischen den Stühlen", weiß Kroder aus seiner langjährigen Beratertätigkeit: "Jeder hat sein ,Programm' im Kopf, und das blockiert und verhindert Lösungen." Die hohe Arbeitsbelastung am Hof und die fehlende Zeit für Partnerschaft und Familie tun ihr übriges dazu und verschärfen die Konflikte.

Nach den Ausführungen von Fritz Kroder sind dann Streit, Scheidung, Krankheit und betriebliche Schwächung die Folgen, am Ende kann schließlich der Rückzug aus dem öffentlichen und sozialen Leben im Dorf stehen; ein Burn out ist keine Seltenheit. Kroder: "Das ist ein Teufelskreis." Um diesen zu durchbrechen, brauche es den Mut der Familien, sich mit der schwierigen Situation auch wirklich auseinander zu setzen und professionelle Hilfe zu holen.

So wurden im vergangenen Jahr 296 Personen von der Landwirtschaftlichen Farnlienberatung betreut, die Ratsuchenden waren zu 50 Prozent im Haupterwerb und zu 28 Prozent im Nebenerwerb tätig, 22 Prozent waren Altenteiler und Hofabkömmlinge. Mit Blick auf die Statistik wird deutlich, dass die familiären Probleme mit 52 Prozent zu Buche schlagen, die betrieblichen Probleme mit 48 Prozent. Und was für Fritz Kroder durchaus erstaunlich ist, dass es 63 Prozent Männer waren, die sich als Erstanrufer an die Familienberatung gewandt haben.

In seiner Predigt zum  Festgottesdienst betonte Erzbischof Ludwig Schick mit Blick auf die Arbeit der Beraterinnen und Berater, dass die Beratung der Familien auf dem Land im Kontext aller sieben Gaben des Heiligen Geistes vollzogen werden sollte. Erzbischof Schlck: "Beraterinnen und Berater sollen fromme Menschen sein, Ehrfurcht vor Gott und jedem Menschen, besonders den Ratsuchenden, haben. Sie sollen von der Weisheit des Evangeliums inspiriert sein und zu erkennen trachten, wo die wirklichen Probleme liegen."

Auch sollten die Berater den Ratsuchenden Helfen, "dass sie selbst erkennen, was für sie gut ist, für ihren Betrieb und ihre Familie. Sie sollen ihnen Stärke verleihen, dass sie dann selbst ihre Probleme lösen können".

Blickt Fritz Kroder auf die Arbeit der Landwirtschaftlichen Familienberatung, dann sieht er darin "viel Karfreitag, aber auch viel Ostern. Die  Leute müssen durch den dunklen Tunnel selber gehen ins Licht. Wir können dabei nur eine Hilfestellung geben".

Autor: Andreas Kuschbert

lnformationen rund um die Landwirtschaftliche Familienberatung gibt es in deren Geschäftsstelle, Schegelleithe 3, Ebermannstadt, Tei.09194/796767, E-Mail: info@lfb-bamberg.de ; Internet www.landwirtschaftliche-famillenberatung.de